Was tun, wenn die Straf- und Bußgeldstelle eine Selbstanzeige für unvollständig hält?

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Was tun, wenn die Straf- und Bußgeldstelle eine Selbstanzeige für unvollständig hält?

Eine Selbstanzeige soll eigentlich Sicherheit bringen. Umso größer ist der Schock, wenn plötzlich ein Schreiben der Straf- und Bußgeldstelle im Briefkasten liegt – mit dem Hinweis, die Selbstanzeige sei unvollständig oder „nicht geeignet, Straffreiheit zu vermitteln“.

Genau dann stellt sich die zentrale Frage: „Was tun, wenn die Straf- und Bußgeldstelle eine Selbstanzeige für unvollständig hält?“

In diesem Beitrag bekommst du eine strukturierte Einordnung aus der Praxis einer Steuerkanzlei mit Fokus auf Steuerstrafrecht und E-Commerce in Wuppertal (NRW). Weitere Einblicke in unsere Arbeitsweise findest du auf unserer Kanzlei-Seite.

Inhaltsverzeichnis
So gehst du vor, wenn die Straf- und Bußgeldstelle deine Selbstanzeige für unvollständig hält – ohne Panik, aber mit klarer Strategie.

1. Worum geht es, wenn die Straf- und Bußgeldstelle eine Selbstanzeige für unvollständig hält?

Eine Selbstanzeige soll nach der Abgabenordnung dafür sorgen, dass trotz begangener Steuerhinterziehung Strafbefreiung erreicht werden kann – vorausgesetzt, sie erfüllt alle gesetzlichen Anforderungen.

Wenn die Straf- und Bußgeldstelle nun mitteilt, dass die Selbstanzeige unvollständig oder nicht ausreichend sei, steht im Raum, dass:

  • die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Wirkung nicht erfüllt sind und
  • ein Steuerstrafverfahren mit regulärer Verfolgung der Hinterziehung drohen kann.

1.1 Warum „unvollständig“ im Steuerstrafrecht so gefährlich ist

„Unvollständig“ ist hier kein formaler Schönheitsfehler, sondern ein substanzielles Risiko:

  • Es kann der gesamte Schutz der Selbstanzeige entfallen.
  • Der Vorwurf der Teilselbstanzeige oder gar eines „taktischen Nachschiebens“ steht im Raum.
  • Die Ermittlungsbehörden können sich gestärkt fühlen, die Sache weiter auszurollen.

Deswegen ist der Moment, in dem du erfährst, dass deine Selbstanzeige als unvollständig angesehen wird, ein rechtlich kritischer Wendepunkt.

1.2 Typische Anlässe aus der Praxis

Aus der Praxis der Steuerstrafstellen sieht man immer wieder ähnliche Konstellationen:

  • Es wurden nicht alle Jahre einbezogen.
  • Es wurden nicht alle Steuerarten (z. B. Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer) korrigiert.
  • Einzelne Konten, Depots oder Plattformen wurden „vergessen“.
  • Auslandsbezüge oder E-Commerce-Umsätze wurden nur teilweise offengelegt.
  • Die Berechnungen wurden pauschal geschätzt, ohne nachvollziehbare Grundlage.

Gerade im E-Commerce-Umfeld – etwa mit Plattformumsätzen über Amazon, eBay, PayPal & Co. – überschneiden sich häufig Fragen der Steuerstrafverteidigung mit Umsatzsteuer- und OSS-Themen.

2. Erste Schritte: Was du jetzt auf keinen Fall tun solltest

Wenn du dich fragst, „Was tun, wenn die Straf- und Bußgeldstelle eine Selbstanzeige für unvollständig hält?“, ist die Versuchung groß, „kurz etwas zu erklären“ oder schnell ein paar Zahlen nachzureichen.

Genau das ist meist der falsche Weg.

  • Keine spontanen Rechtfertigungen per E-Mail oder Telefon.
  • Keine unüberlegte Nachreichung von Unterlagen, die du selbst nicht vollständig durchdrungen hast.
  • Keine Aussagen zur subjektiven Seite

Jede Äußerung kann später gegen dich ausgelegt werden – auch gut gemeinte Erklärungen.

3. Rechtlicher Hintergrund: Anforderungen an eine wirksame Selbstanzeige

Eine wirksame Selbstanzeige verlangt – stark vereinfacht – insbesondere:

  • die vollständige und richtige Nachmeldung aller steuerlich relevanten Sachverhalte,
  • für alle in Betracht kommenden Zeiträume,
  • für alle betroffenen Steuerarten,
  • innerhalb der gesetzlichen Fristen sowie
  • die vollständige Nachzahlung der Steuern (ggf. zuzüglich Zinsen und Zuschlägen).

Bereits kleine Lücken können dazu führen, dass die Finanzverwaltung die Selbstanzeige als nicht vollständig und damit nicht strafbefreiend einstuft.

Deswegen werden Selbstanzeigen idealerweise von Beginn an gemeinsam mit einer Kanzlei aufgesetzt, die sowohl klassische Steuerberatung als auch Steuerstrafrecht im Blick hat.

4. Wie die Straf- und Bußgeldstelle deine Selbstanzeige prüft

In der Praxis folgt die Straf- und Bußgeldstelle grob einer Prüfungslogik:

  • Passt die Selbstanzeige inhaltlich zu den bereits vorhandenen Informationen (z. B. Kontrollmitteilungen, PStTG-Daten, Bankauskünften)?
  • Sind Vermögensbewegungen, Umsätze oder Konten erkennbar, die nicht erklärt wurden?
  • Ergeben sich Widersprüche zwischen Einlassungen, Steuererklärungen und tatsächlichen Zahlungsströmen?

Je größer die Diskrepanz ist, desto eher kommt die Einschätzung: „Die Selbstanzeige ist unvollständig.“

5. Nachermittlung: Den tatsächlichen Sachverhalt vollständig auf den Tisch bekommen

Bevor überhaupt an Ergänzungen oder neue Erklärungen gedacht werden kann, braucht es eine ehrliche Bestandsaufnahme:

  • Welche Jahre sind betroffen?
  • Welche Konten, Depots, Plattformen, Wallets gab es in dieser Zeit?
  • Welche Einkunftsarten (Lohn, Kapital, Vermietung, Gewerbe, E-Commerce, Ausland) spielen eine Rolle?
  • Wurden bereits andere Berichtigungen eingereicht, die mit der Selbstanzeige verzahnt sind?

Erst wenn diese Fakten klar sind, kann sinnvoll entschieden werden, wie eine als unvollständig eingestufte Selbstanzeige nachgezogen oder umgebaut werden kann.

6. Strategische Optionen: Ergänzen, korrigieren, verteidigen

Die richtige Strategie hängt stark vom Einzelfall ab. Typische Bausteine sind:

  • Ergänzende Berichtigungen zu weiteren Jahren oder Steuerarten,
  • präzisere Aufbereitung der zugrunde liegenden Berechnungen,
  • Einordnung gegenüber der Straf- und Bußgeldstelle, warum trotz anfänglicher Lücken eine strafmildernde oder -befreiende Wirkung (zumindest teilweise) noch greifen sollte,
  • Abstimmung mit der Frage, ob und in welchem Umfang Akteneinsicht genutzt werden sollte.

Hier geht es nicht darum, irgendetwas „zurechtzubiegen“, sondern darum, sauber, nachvollziehbar und vollständig zu korrigieren.

7. Besondere Risiken: Teilselbstanzeige, Nachschieben & Kommunikation

Ein besonders heikler Punkt sind sogenannte Teils Selbstanzeigen:

  • Es werden nur die „ohnehin bekannten“ Sachverhalte offenbart.
  • Andere Risiken bleiben bewusst ausgespart.

Wird dieses Muster erkennbar, kann das die Position gegenüber der Straf- und Bußgeldstelle deutlich verschlechtern.

Ebenso sensibel ist das „Nachschieben“ von Sachverhalten:

  • Zu frühe, unstrukturierte Nachmeldungen können wie Stückwerk wirken.
  • Der Eindruck, man gebe nur das zu, was ohnehin schon entdeckt ist, sollte unbedingt vermieden werden.

8. Rolle von Steuerberater:in & Strafverteidiger:in

Spätestens wenn die Straf- und Bußgeldstelle eine Selbstanzeige für unvollständig hält, ist es kein klassisches „Steuerthema“ mehr, das man nebenbei erledigt.

Sinnvoll ist eine Zusammenarbeit aus:

  • Steuerlicher Seite: Aufbereitung der Zahlen, Nachberechnungen, Abgabe korrekter Erklärungen.
  • Strafrechtlicher Seite: Kommunikation mit der Straf- und Bußgeldstelle, Bewertung von Risiken, Verteidigungsstrategie.

Eine Kanzlei, die klassische Steuerberatung und Steuerstrafrecht verbindet, kann hier eine koordinierende Rolle übernehmen.

9. Konkreter 10-Punkte-Plan: Was tun, wenn die Selbstanzeige als unvollständig gilt?

Wenn du eine Mitteilung erhalten hast, dass deine Selbstanzeige unvollständig sein soll, kann folgender Fahrplan helfen:

  • 1. Schreiben sichern, Fristen notieren, nichts wegheften „für später“.
  • 2. Keine spontanen Erklärungen per E-Mail oder Telefon an die Straf- und Bußgeldstelle.
  • 3. Unterlagen zur ursprünglichen Selbstanzeige zusammenstellen (Entwürfe, Berechnungen, E-Mails).
  • 4. Sämtliche Konten, Depots, Plattformen und relevanten Einkünfte der betroffenen Jahre zusammentragen.
  • 5. Prüfen, ob weitere Jahre oder Steuerarten betroffen sein können.
  • 6. Akteneinsicht prüfen: Welche Informationen liegen den Behörden bereits vor?
  • 7. Gemeinsam mit Berater:in eine strategische Linie definieren (Ergänzung, Klarstellung, Neuaufbereitung).
  • 8. Ergänzende Berichtigungen fachlich sauber vorbereiten – inkl. Zins- und Nachzahlungsberechnungen.
  • 9. Erst dann strukturiert gegenüber der Straf- und Bußgeldstelle auftreten – schriftlich, klar, ohne Widersprüche.
  • 10. Das weitere Verfahren laufend begleiten und neue Anfragen nicht ignorieren.

Wenn E-Commerce, Auslandssachverhalte oder Plattformdaten (z. B. aus dem Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG)) betroffen sind, lohnt sich eine besonders gründliche Bestandsaufnahme.

10. Fazit: Ruhe bewahren – aber nichts schönreden

Die Ausgangsfrage „Was tun, wenn die Straf- und Bußgeldstelle eine Selbstanzeige für unvollständig hält?“ lässt sich auf einen Kern bringen:

  • Ruhe bewahren – keine spontanen Verteidigungsfloskeln.
  • Den tatsächlichen Sachverhalt ehrlich und vollständig am besten von Profis aufbereiten (lassen).
  • Die Selbstanzeige ggf. strukturiert ergänzen oder neu aufsetzen.
  • Frühzeitig steuerliche und strafrechtliche Expertise einbinden.

So erhöhst du die Chance, den Schaden zu begrenzen und eine tragfähige Lösung zu finden – statt dich in Widersprüche und Stückwerk zu verstricken.

Steuerstrafrecht · Wuppertal
Deine Selbstanzeige gilt als unvollständig?

Wenn die Straf- und Bußgeldstelle deine Selbstanzeige für unvollständig hält, ist das kein Fall für spontane Mails oder Schnellschüsse. Wir unterstützen dich dabei, den Sachverhalt vollständig aufzubereiten, Ergänzungen fachlich sauber vorzunehmen und eine klare Linie in der Kommunikation mit der Straf- und Bußgeldstelle zu halten.

Nächster Schritt: Kurz dein Anliegen über das Kontaktformular von 3S.tax schildern – wir melden uns bei dir und besprechen die Möglichkeiten.