Hat Dich das Finanzamt schon einmal kontaktiert und eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung angemeldet? Hoffentlich nicht! Aber falls doch, erfährst Du in diesem Beitrag alles, was Du wissen musst, um eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu meistern. Du kannst auch nachlesen, wie Du sie generell verhindern oder vermeiden kannst! Wir geben Dir in diesem Beitrag einen Überblick über das Thema Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Für detaillierte Nachfragen oder Anliegen solltest Du Dich an Deinen Steuerberater wenden.
Was ist eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung?
Eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist eine Sonderform der regulären Betriebsprüfung, auch Außenprüfung genannt. Im Gegensatz zur Betriebsprüfung wird sie kurzfristiger angemeldet (per Telefon oder postalisch). Umsatzsteuer-Sonderprüfungen betreffen Unternehmen i.S.d § 2 UStG. Dabei sind nicht nur Großunternehmen betroffen, sondern auch Ärzte, Versicherungsvertreter oder Vermieter von Wohnflächen, die steuerfreie Umsätze generieren. Es werden umsatzsteuerliche Sachverhalte geprüft. Beispielsweise die Inanspruchnahme von Steuerbefreiungen oder die Geltendmachung von Vorsteuern. Der Ort der Prüfung hängt davon ab, wo sich die steuerrechtlichen Unterlagen befinden. Das kann beim Steuerberater, im Unternehmen oder Finanzamt sein. Es existiert außerdem eine EU-weite Regelung, durch diese wird der Prüfer außerdem auch den Auslandsbezug prüfen wollen.
Wann droht eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung und welche Gründe gibt es dafür?
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit dem Schreiben vom 07.11.2002 Kriterien festgelegt, die bei einem Steuerpflichtigen zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung führen können. Dabei werden automatisierte Verfahren eingesetzt, die die Finanzverwaltung bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung und Berechnung der Jahresumsatzsteuer bei zweifelhaften Sachverhalten als Hinweise verwenden kann. Diese können wiederum die Umsatzsteuer-Sonderprüfungen anregen.
Ein anderes verwendetes Verfahren sind Kontrollmitteilungen. Diese können aus dem innergemeinschaftlichen Kontrollverfahren vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) oder von anderen Betriebsprüfungen stammen. Wenn der Innendienst des Finanzamts nicht aufklären kann, woher die Kontrollmitteilungen und die bestehenden Zweifel kommen, wird unverzüglich eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung angeordnet.
Wir haben Dir hier die am häufigsten Gründe und Vorkommnisse für Umsatzsteuerprüfungen aufgelistet. Bedenke trotzdem, dass es noch weitere Gründe geben kann, die hier nicht aufgeführt sind.
- Auffälligkeiten bei Rechnungen, Verdacht auf fehlende Leistung bzw. formale Mängel einer Rechnung
- Außergewöhnlich hohe Vorsteuerbeträge/Vorsteuerüberschüsse, häufiger Vorsteuerüberhang (vor allem bei Neugründungen)
- Kauf größerer Investitionen oder Verkauf (Grundstücke/Gebäude), formale Mängel der Kaufbelege
- Auffälligkeiten im Gesellschaftsvertrag, Verträge mit Familienmitgliedern/ nahestehenden Personen
- Verdacht auf Umsatzsteuerbetrug
- Umsatzsteuer in Insolvenzfällen
- erhebliche Umsatzabweichungen zwischen Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Umsatzsteuer-Jahreserklärungen
Wie läuft eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ab?
- Erster Kontakt, Dein Steuerberater: Sobald Du die Ankündigung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung erhalten hast, solltest Du Dich umgehend mit Deinem Steuerberater in Verbindung setzen. Gemeinsam mit ihm widmest Du Dich der Vorbereitung deiner Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Womöglich findet Ihr während der Vorbereitung der Prüfung Auffälligkeiten und könnt dadurch besser auf die Fragen des Prüfers reagieren.
- Prüfung der Umsätze und Umsatzsteuer-Voranmeldungen: Ein wichtiger Bestandteil der Vorbereitung einer Betriebsprüfung ist die Prüfung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen sowie Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Führ am besten eine detaillierte Prüfung mit Deinem Steuerberater und zuständigem Sachbearbeiter durch und protokolliere Auffälligkeiten.
- Schwachstellenanalyse: Während der Vorbereitung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung liegt ein besonderes Augenmerk auf möglichen Schwachstellen. Je früher Du die vom Finanzamt festgestellte Anomalie findest, desto eher kannst Du die Prüfung durchführen. Sollte es Ungereimtheiten geben, die in den steuerstrafrechtlichen Bereich fallen, informiere neben Deinem Steuerberater umgehend einen Fachanwalt, um Sinn und Zweck einer Selbstanzeige festzustellen.
- Vorbesprechung mit leitenden Mitarbeitern: Sowohl den Abteilungsleiter Deines Rechnungswesens und Mitarbeiter aus Deiner Buchführung können als Ansprechpartner vorgestellt werden. Es ist sinnvoll, Deine Mitarbeiter in die Planung der Prüfung sowie die Ergebnisse der Schwachstellenanalyse zu involvieren.
- Vorbereitung der Dokumente und Daten: Bereite die angeforderten Unterlagen in Kooperation mit Deinem Steuerberater übersichtlich auf. Beschränke Dich dabei nur auf die vom Prüfer angeforderten Daten, damit keine Grundlage für weitere Sonderprüfungen entsteht. Es wird oft verlangt, die Daten vor der Prüfung auf einem Datenträger zu übermitteln. Es ist nicht zwingend, darauf einzugehen, Du kannst auch ankündigen, den Datenträger erst zum Prüfungstag zur Verfügung zu stellen.
- Vorbereitung des Prüfungsortes für den Prüfer: Wenn dies in Deinen Geschäftsräumen möglich ist, ist es ratsam, einen abschließbaren Raum zu nutzen, in dem sich keine Unterlagen befinden, die nicht den erforderlichen Prüfungszeitraum betreffen. Eine Prüfung ist auch bei Deinem Steuerberater oder im Finanzamt möglich, falls Du in deinen Räumlichkeiten nicht genug Platz haben solltest.
- Verfügbarkeit von Belegen: Die meisten Grundlagen für Umsatzsteuer-Sonderprüfungen sind auffällig hohe Vorsteuerbeträge, große Investitionen oder Rechnungen mit formalen Fehlern. Achte auf eine vollständige Buchhaltung sowie die Verfügbarkeit jedes einzelnen Belegs und begründe die einzelnen Verträge und Anschaffungen.
- Ständige Verfügbarkeit während der Prüfung: Bleibe während der Umsatzsteuer-Sonderprüfung verfügbar für den Prüfer und Fragen des Finanzamts. Verschiebe anderweitige Termine und biete Dich zwischendurch für Rückfragen an.
- Smalltalk vermeiden: Ähnlich wie bei der Betriebsprüfung gilt ein Redeverbot für Deine Mitarbeiter. Prüfer haben das Recht über „Smalltalk“ erfahrene Informationen für die Prüfungszwecke zu verarbeiten. Dem kannst Du entgegenwirken, indem Du dem Prüfer ausgesuchte Ansprechpartner vorab vorstellst und schriftlich mitteilst, sowie Deine Mitarbeiter im Vorfeld briefst.
Wie weit im Vorfeld wird ein Unternehmen über eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung informiert?
Bei Betriebsprüfungen und Umsatzsteuer-Sonderprüfungen kommt es auf die Größe des Betriebes an. Bei Großbetrieben sind es ungefähr 4 Wochen und in anderen Fällen circa 2 Wochen. Für Umsatzsteuer-Nachprüfungen gelten jedoch nicht die Bestimmungen des § 5 Abs. 4 Satz 2 BpO, sondern § 27 UStG, was bedeutet, dass die Prüfungsanordnung, die Mitteilung über den Prüfungsbeginn und die Namen der Prüfer dem zu prüfenden Steuerpflichtigen unmittelbar vor dem Prüfungsbeginn, oder sogar zeitgleich mit dem Erscheinen der Prüfer, übermittelt werden können. Dadurch soll sichergestellt sein, dass der Prüfungszweck nicht gefährdet wird.
Gibt es unterschiedliche Formen bei der Umsatzsteuer-Sonderprüfung?
Es gibt auf der einen Seite die Erstprüfungen: Sie kommen tendenziell seltener vor als die Bedarfsprüfungen. Ihr Zweck ist vor allem, neu gegründete Unternehmen zu unterstützen, indem fehlerfreie Umsatztätigkeit sichergestellt wird und fehlerhafte Prozesse von Anfang an unterbunden werden. Auf der anderen Seite stehen die Bedarfsprüfungen: Sie dienen zur Überprüfung von Auffälligkeiten, deren Belege sowie der Übereinstimmung zwischen Umsätzen und Belegen.
Was ist Gegenstand der Umsatzsteuer-Sonderprüfung?
Da viele Gegenstände einer Umsatzsteuersonderprüfung möglich sind, haben wir Dir im Folgenden die häufigsten Gründe aufgelistet:
- Abweichungen zwischen den monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Umsatzsteuer-Jahreserklärung
- Korrekte Erfassung aller Geschäftsvorfälle (z.B. sind die Umsätze mit dem korrekten Steuersatz und mit dem korrekten Steuerschlüssel gebucht worden?)
- Korrekter Vorsteuerabzug: Enthalten die Eingangsrechnungen alle notwendigen Rechnungsinhalte gemäß § 14 Umsatzsteuergesetz?
- Ermäßigt besteuerte Umsätze
- Vorhandensein aller Ausgangsrechnungen
- Richtige Zuordnung der Umsätze (Voranmeldungszeitraum)
- Korrekte Kassenführung und täglicher Kassenabschluss
Was sind mögliche Rechtsfolgen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung?
Eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung wirkt sich nur auf die geprüfte Steuerart (USt) und die -festsetzung aus. Haben sich nach der Prüfung die Besteuerungsgrundlagen verändert, sollte der Unternehmer oder sein Berater darauf achten, ob der Vorbehalt der Nachprüfung noch berechtigt ist und die Änderungssperre nach 173 Abs. 2 AO einsetzt. Umsatzsteuersonderprüfungen sind zwar Außenprüfungen i. S. d. § 173 Abs. 2 AO; eine Änderungssperre lösen sie aber nur aus, wenn die daraufhin ergangenen Bescheide endgültigen Charakter haben, also nicht nur Vorauszahlungen oder Voranmeldungen betreffen.
Kann die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vermieden werden?
Grundsätzlich kannst Du die Wahrscheinlichkeit einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung verringern, indem Du bei Deiner Umsatzsteuer-Voranmeldung bei starken Abweichungen oder höheren Vorsteuer-Abzügen detaillierte Erklärungen abgibst. Außerdem ist es ratsam, unvorhergesehen hohe Rechnungen oder zum Beispiel hohe Investitionen mit Deinem Steuerberater abzusprechen, um etwaige Unstimmigkeiten direkt zu beseitigen.
Kann Einspruch gegen die Umsatzsteuer-Sonderprüfung eingelegt werden?
Die Prüfungsanordnung kann mit Einspruch angefochten werden. Sind Deine Einwendungen berechtigt, ist die Prüfungsanordnung förmlich zu ändern oder aufzuheben. Wird lediglich eine unzureichende Begründung beanstandet, kann diese – spätestens bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens – nachgeholt werden. Der Einspruch kann die Prüfung selbst aber nicht aufschieben. Du kannst jedoch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung (d. h. Aussetzung der Durchführung der Prüfung) stellen.
Weitere Good To Know`s
Gibt es ein Zurückbehaltungsrecht?
Ein generelles Zurückbehaltungsrecht gibt es nicht. Hier kommt es auf die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs an. Wenn Du (der Rechnungsempfänger) Kleinunternehmer bist, oder es sich um umsatzsteuerfreie Leistungen handelt, kannst Du nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht zurückgreifen. Wenn aus einer fehlerhaften Rechnung ein Dir zustehender Vorsteuerabzug verloren gehen würde, kannst Du die Bezahlung der Rechnung jedoch verweigern.
Wo ist die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu finden?
Unter anderem musst Du bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung deine Umsatzsteueridentifikationsnummer (USt-ID) angeben. Diese ist eine eigenständige Nummer, die Unternehmer zusätzlich zu ihrer Steuernummer oder Steuer-ID-Nummer beantragen können. Über die USt-ID kann jedes Unternehmen innerhalb der Europäischen Union eindeutig identifiziert werden. Weist der Unternehmer eine falsche USt-ID aus, besteht der Verdacht auf gesetzeswidriges Verhalten.
Wie ist aktuell die Lage zu Umsatzsteuer-Sonderprüfungen?
Im Jahr 2021 wurden 64.366 Umsatzsteuer-Sonderprüfungen durchgeführt (65.971 in 2020), dabei waren im Jahresdurchschnitt 1.684 (1.630 in 2020) Umsatzsteuersonderprüfer eingesetzt. Jeder Prüfer führte im Durchschnitt 38 Sonderprüfungen durch (40 in 2020) (Quelle: BMF-Schreiben vom 04.04.2022). Nach den statistischen Aufzeichnungen der obersten Finanzbehörden der Bundesländer resultierten die im Jahr 2021 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfungen zu einem Mehrergebnis von rund 1,31 Mrd. Euro (1,37 Mrd. in 2020). Dabei sind die Ergebnisse aus der Teilnahme von Umsatzsteuersonderprüfern an allgemeinen Betriebsprüfungen oder an den Prüfungen der Steuerfahndung nicht enthalten.
|
2020 |
2021 |
Mehrergebnis |
1,37 Mrd. Euro |
1,31 Mrd. Euro |
Anzahl der Prüfungen |
65.971 |
64.366 |
Anzahl der Prüfer |
1.630 |
1.684 |
Durchschnittliche Anzahl der Prüfungen |
40 |
38 |
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