Alles was Du über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung wissen musst!

Alles was Du wissen musst über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung: Was ist das, wann droht sie und wie bereitest du dich vor?

Hat dich das Finanzamt schon einmal kontaktiert und eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung angemeldet? Hoffentlich nicht! Aber falls doch, erfährst du in diesem Beitrag alles, was du wissen musst, um eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu meistern. Du kannst auch nachlesen, wie du sie generell verhindern oder zumindest die Wahrscheinlichkeit deutlich senken kannst.

Wir geben dir in diesem Beitrag einen Überblick über das Thema Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Für detaillierte Nachfragen oder konkrete Anliegen solltest du dich an deinen Steuerberater wenden.

Nimm Kontakt mit uns auf – wir freuen uns, wenn du mit uns in Verbindung trittst.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung?

Eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist eine Sonderform der regulären Betriebsprüfung, auch Außenprüfung genannt. Im Gegensatz zur klassischen Betriebsprüfung wird sie meist kurzfristiger angemeldet (per Telefon oder postalisch).

Umsatzsteuer-Sonderprüfungen betreffen Unternehmen im Sinne des § 2 UStG. Dabei sind nicht nur Großunternehmen betroffen, sondern auch z. B. Ärzte, Versicherungsvertreter oder Vermieter von Wohnflächen, die steuerfreie Umsätze generieren.

Geprüft werden umsatzsteuerliche Sachverhalte, zum Beispiel:

  • die Inanspruchnahme von Steuerbefreiungen und
  • die Geltendmachung von Vorsteuern.

Der Ort der Prüfung hängt davon ab, wo sich die steuerrechtlichen Unterlagen befinden – das kann beim Steuerberater, im Unternehmen oder im Finanzamt sein. Es existiert außerdem eine EU-weite Regelung, durch die der Prüfer regelmäßig auch Auslandsbezüge prüfen wird.

💡 Tipp:

Eine gute steuerliche Vorbereitung kann viele Prüfungen verhindern.

Wenn du Unterstützung brauchst, nimm gern Kontakt zu uns auf – wir helfen dir weiter.

Wann droht eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung und welche Gründe gibt es dafür?

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit Schreiben vom 07.11.2002 Kriterien festgelegt, die bei einem Steuerpflichtigen zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung führen können.

Dabei werden automatisierte Verfahren eingesetzt, die die Finanzverwaltung bei der Prüfung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Jahresumsatzsteuer bei zweifelhaften Sachverhalten als Hinweise verwenden kann. Diese Hinweise können Umsatzsteuer-Sonderprüfungen auslösen.

Ein weiteres Instrument sind Kontrollmitteilungen. Diese können zum Beispiel stammen:

  • aus dem innergemeinschaftlichen Kontrollverfahren des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) oder
  • aus anderen Betriebsprüfungen.

Wenn der Innendienst des Finanzamts nicht klären kann, woher die Kontrollmitteilungen und die bestehenden Zweifel kommen, wird häufig eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung angeordnet.

Häufige Gründe und Auslöser sind unter anderem:

  • Auffälligkeiten bei Rechnungen, Verdacht auf fehlende Leistung bzw. formale Mängel einer Rechnung
  • außergewöhnlich hohe Vorsteuerbeträge oder Vorsteuerüberschüsse, häufiger Vorsteuerüberhang (vor allem bei Neugründungen)
  • Kauf größerer Investitionen oder Grundstücke/Gebäude, formale Mängel der Kaufbelege
  • Auffälligkeiten im Gesellschaftsvertrag, Verträge mit Familienmitgliedern/nahestehenden Personen
  • Verdacht auf Umsatzsteuerbetrug
  • Umsatzsteuer in Insolvenzfällen
  • erhebliche Umsatzabweichungen zwischen Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Umsatzsteuer-Jahreserklärungen

Wie läuft eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ab?

  1. Erster Kontakt, dein Steuerberater:
    Sobald du die Ankündigung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung erhalten hast, solltest du dich umgehend mit deinem Steuerberater in Verbindung setzen. Gemeinsam widmet ihr euch der Vorbereitung. Oft fallen schon in dieser Phase Auffälligkeiten auf, sodass ihr besser auf Fragen des Prüfers reagieren könnt.
  2. Prüfung der Umsätze und Umsatzsteuer-Voranmeldungen:
    Ein wichtiger Bestandteil der Vorbereitung ist die Prüfung von Jahresabschlüssen, Steuererklärungen und Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Führe am besten eine detaillierte Prüfung zusammen mit deinem Steuerberater und zuständigen Sachbearbeitern durch und protokolliere Auffälligkeiten.
  3. Schwachstellenanalyse:
    Während der Vorbereitung liegt ein besonderes Augenmerk auf möglichen Schwachstellen. Je früher du die vom Finanzamt festgestellte Anomalie findest, desto besser kannst du dich vorbereiten. Bestehen Ungereimtheiten, die in den steuerstrafrechtlichen Bereich fallen, solltest du neben deinem Steuerberater umgehend einen Fachanwalt einbinden, um Sinn und Zweck einer Selbstanzeige zu prüfen.
  4. Vorbesprechung mit leitenden Mitarbeitern:
    Abteilungsleiter deines Rechnungswesens und Mitarbeiter aus der Buchführung können als Ansprechpartner vorgeschlagen werden. Es ist sinnvoll, deine Mitarbeiter in die Planung der Prüfung sowie in die Ergebnisse der Schwachstellenanalyse einzubeziehen.
  5. Vorbereitung der Dokumente und Daten:
    Bereite die angeforderten Unterlagen in Kooperation mit deinem Steuerberater übersichtlich auf. Beschränke dich dabei auf die vom Prüfer angeforderten Daten, damit keine unnötige Grundlage für weitere Prüfungen entsteht. Häufig wird verlangt, die Daten vorab auf Datenträger zu übermitteln. Zwingend ist das nicht – du kannst ankündigen, den Datenträger erst zum Prüfungstag zur Verfügung zu stellen.
  6. Vorbereitung des Prüfungsortes:
    Wenn es in deinen Geschäftsräumen möglich ist, nutze nach Möglichkeit einen abschließbaren Raum, in dem sich keine Unterlagen befinden, die nicht den Prüfungszeitraum betreffen. Alternativ kann die Prüfung auch bei deinem Steuerberater oder im Finanzamt stattfinden.
  7. Verfügbarkeit von Belegen:
    Häufige Schwerpunkte sind hohe Vorsteuerbeträge, große Investitionen oder formale Rechnungsfehler. Achte auf eine vollständige Buchhaltung, die Verfügbarkeit jedes relevanten Belegs und die Nachvollziehbarkeit von Verträgen und Anschaffungen.
  8. Ständige Verfügbarkeit während der Prüfung:
    Bleibe während der Prüfung für den Prüfer erreichbar. Verschiebe unnötige andere Termine und biete dich für Rückfragen an.
  9. Smalltalk vermeiden:
    Wie bei der Betriebsprüfung gilt: Deine Mitarbeiter sollten keine freizügigen Auskünfte im „Smalltalk“ geben. Prüfer dürfen auch solche Informationen für Prüfungszwecke nutzen. Stelle dem Prüfer vorab ausgewählte Ansprechpartner vor und informiere dein Team schriftlich über den Umgang mit Fragen.

🔎 Hinweis:

Wenn du beim Datenexport unsicher bist, prüfe vorab mit deinem Steuerberater, ob deine Software alle GoBD-Anforderungen erfüllt (§ 147 Abs. 6 AO).

Wie weit im Vorfeld wird ein Unternehmen über eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung informiert?

Bei Betriebsprüfungen und Umsatzsteuer-Sonderprüfungen kommt es auf die Größe des Betriebs an. Bei Großbetrieben beträgt die Vorlaufzeit meist etwa vier Wochen, in anderen Fällen ungefähr zwei Wochen.

Für Umsatzsteuer-Nachprüfungen gelten jedoch nicht die Bestimmungen des § 5 Abs. 4 Satz 2 BpO, sondern § 27 UStG. Das bedeutet: Die Prüfungsanordnung, die Mitteilung über den Prüfungsbeginn und die Namen der Prüfer können dem Steuerpflichtigen unmittelbar vor Prüfungsbeginn oder sogar zeitgleich mit dem Erscheinen der Prüfer übermittelt werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prüfungszweck nicht gefährdet wird.

Gibt es unterschiedliche Formen bei der Umsatzsteuer-Sonderprüfung?

Grundsätzlich unterscheidet man:

Erstprüfungen: Sie kommen tendenziell seltener vor als Bedarfsprüfungen. Ihr Zweck ist vor allem, neu gegründete Unternehmen zu unterstützen, indem eine möglichst fehlerfreie Abwicklung der Umsätze sichergestellt und falsche Prozesse von Beginn an korrigiert werden.

Bedarfsprüfungen: Sie dienen der Überprüfung von Auffälligkeiten, der zugrunde liegenden Belege sowie der Übereinstimmung zwischen Umsätzen und Belegen.

Was ist Gegenstand der Umsatzsteuer-Sonderprüfung?

Da viele Gegenstände einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung möglich sind, hier die häufigsten:

  • Abweichungen zwischen den monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Umsatzsteuer-Jahreserklärung
  • korrekte Erfassung aller Geschäftsvorfälle (z. B. richtiger Steuersatz, korrekter Steuerschlüssel)
  • korrekter Vorsteuerabzug: Enthalten die Eingangsrechnungen alle notwendigen Angaben nach § 14 UStG?
  • ermäßigt besteuerte Umsätze
  • Vorhandensein aller Ausgangsrechnungen
  • richtige Zuordnung der Umsätze zum korrekten Voranmeldungszeitraum
  • korrekte Kassenführung und täglicher Kassenabschluss

Was sind mögliche Rechtsfolgen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung?

Eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung wirkt sich nur auf die geprüfte Steuerart (Umsatzsteuer) und die dazugehörige Steuerfestsetzung aus. Haben sich nach der Prüfung die Besteuerungsgrundlagen verändert, sollte der Unternehmer bzw. sein Berater prüfen, ob der Vorbehalt der Nachprüfung noch berechtigt ist und ob eine Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO einsetzt.

Umsatzsteuer-Sonderprüfungen sind zwar Außenprüfungen im Sinne des § 173 Abs. 2 AO; eine Änderungssperre lösen sie aber nur aus, wenn die daraufhin ergangenen Bescheide endgültigen Charakter haben, also nicht lediglich Vorauszahlungen oder Voranmeldungen betreffen.

Kann die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vermieden werden?

Grundsätzlich kannst du die Wahrscheinlichkeit einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung verringern, indem du bei deiner Umsatzsteuer-Voranmeldung bei starken Abweichungen oder höheren Vorsteuer-Abzügen detaillierte Erklärungen abgibst.

Außerdem ist es ratsam, unvorhergesehen hohe Rechnungen oder größere Investitionen mit deinem Steuerberater zu besprechen, um etwaige Unstimmigkeiten frühzeitig zu erkennen und zu erklären.

Kann Einspruch gegen die Umsatzsteuer-Sonderprüfung eingelegt werden?

Die Prüfungsanordnung kann mit Einspruch angefochten werden. Sind deine Einwendungen berechtigt, ist die Prüfungsanordnung förmlich zu ändern oder aufzuheben.

Wird lediglich eine unzureichende Begründung beanstandet, kann diese – spätestens bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens – nachgeholt werden.

Der Einspruch verschiebt die Prüfung jedoch in der Regel nicht. Du kannst aber einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung (also Aussetzung der Durchführung der Prüfung) stellen.

Praktischer Tipp – So reagierst du richtig

Wenn du Post vom Finanzamt bekommst, gilt: Ruhe bewahren und professionell handeln.

  • Informiere sofort deinen Steuerberater.
  • Prüfe, ob die Prüfungsanordnung rechtmäßig ist.
  • Bereite alle angeforderten Unterlagen strukturiert vor.
  • Vermeide unkoordinierte Aussagen gegenüber dem Prüfer.
  • Bei Verdacht auf strafrechtliche Relevanz: Fachanwalt hinzuziehen.

⚖️ Lies auch unsere Seite zum Thema Steuerstrafrecht im E-Commerce

So verstehst du besser, ab wann eine steuerliche Unachtsamkeit in den strafrechtlichen Bereich übergehen kann.

Weitere Good-to-Know’s

Gibt es ein Zurückbehaltungsrecht?

Ein generelles Zurückbehaltungsrecht gibt es nicht. Es kommt auf die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs an. Bist du (als Rechnungsempfänger) Kleinunternehmer oder handelt es sich um umsatzsteuerfreie Leistungen, kannst du dich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht stützen.

Wenn dir aus einer fehlerhaften Rechnung ein zustehender Vorsteuerabzug verloren gehen würde, kannst du die Bezahlung der Rechnung jedoch verweigern, bis eine korrigierte Rechnung vorliegt.

Wo ist die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu finden?

Unter anderem musst du bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung deine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-ID) angeben. Sie ist eine eigenständige Nummer, die Unternehmer zusätzlich zu ihrer Steuernummer oder Steuer-ID beantragen können.

Über die USt-ID kann jedes Unternehmen innerhalb der Europäischen Union eindeutig identifiziert werden. Weist ein Unternehmer eine falsche USt-ID aus, besteht der Verdacht auf gesetzeswidriges Verhalten.

Wie ist aktuell die Lage zu Umsatzsteuer-Sonderprüfungen?

Im Jahr 2024 wurden 63.733 Umsatzsteuer-Sonderprüfungen durchgeführt (63.282 in 2023, 64.250 in 2022, 64.366 in 2021 und 65.971 in 2020). Dabei waren im Jahresdurchschnitt 1.630 Umsatzsteuersonderprüfer im Einsatz (1.604 in 2023, 1.673 in 2022, 1.684 in 2021 und 1.630 in 2020). Jeder Prüfer führte im Durchschnitt rund 39 Sonderprüfungen durch.

Nach den statistischen Aufzeichnungen der obersten Finanzbehörden der Länder resultierten die im Jahr 2024 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfungen in einem Mehrergebnis von rund 1,63 Mrd. Euro (1,52 Mrd. € in 2023, 1,53 Mrd. € in 2022, 1,31 Mrd. € in 2021 und 1,37 Mrd. € in 2020).

Dabei sind – wie in den Vorjahren – die Ergebnisse aus der Teilnahme von Umsatzsteuersonderprüfern an allgemeinen Betriebsprüfungen oder an Prüfungen der Steuerfahndung nicht enthalten.

Jahr Anzahl der Prüfungen Anzahl Prüfer Ø Prüfungen pro Prüfer Mehrergebnis
2020 65.971 1.630 ca. 40 ca. 1,37 Mrd €
2021 64.366 1.684 ca. 38 ca. 1,31 Mrd €
2022 64.250 1.673 ca. 38 ca. 1,53 Mrd €
2023 63.282 1.604 ca. 39 ca. 1,52 Mrd €
2024 63.733 1.630 ca. 39 ca. 1,63 Mrd €

Fazit

Die Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis automatischer Risikoprüfungen der Finanzverwaltung. Wer seine Buchführung sauber führt, Nachweise vollständig dokumentiert und auf transparente Kommunikation mit dem Steuerberater setzt, hat deutlich weniger zu befürchten.

Im Ernstfall gilt: Vorbereitung ist alles.