Du benutzt nicht nur eigene oder angemietete Server in Deutschland? Hast wohlmöglich Clouddienste gebucht und nutzt diese in einem produktiven Umfeld?
Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, wo Deine Shopsysteme gehostet sind und wenn diese auf ausländischen Server gehostet sind, ob der Umstand des Hostens im Ausland irgendwelche steuerlichen Folgen nach sich ziehen kann?
Das Finanzamt kann in so einem Fall Sanktionen gegen Dich verhängen, wenn Du beim Finanzamt die “Verlagerung” der Buchführung nicht beantragt hast.
Warum ist das so und was sind die genauen Schritte und Lösungsansätze, dieses Problem zu “reparieren”?
Wir zeigen Dir hier, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen gestrickt sind und was hinter der “Verlagerung der Buchführung” genau steckt.
Zuerst möchten wir Dir zeigen, wo das Problem überhaupt liegt.
Vorliegend gehen wir mal von einem Fall aus, den es in der Realität mehr als genug anzutreffen gilt.
Ein Onlinehändler betreibt einen oder mehrer Onlineshops, welche sämtlichst in der Cloud gehostet sind und nicht auf den eigenen, in Deutschland stehenden Servern des jeweiligen Shopbetreibers installiert sind. Stattdessen profitiert der Shopbetreiber aber davon, eine Cloudlösungen (SaaS) zu nutzen und gibt damit sämtliche Aufgaben der Wartung und der sichernden Maßnahmen an den Betreiber der jeweiligen Server ab. Der Shopbetreiber entrichtet dafür meist eine monatliche Pauschalgebühr an den Betreiber der Server bzw. der SaaS Dienste.
Um der Finanzbehörde den jederzeitigen Zugang zu den Büchern (Finanzbuchhaltung) und Aufzeichnungen (damit sind alle steuerliche relevanten Aufzeichnungen gemeint, auch solche aus Vorsystemen) zu ermöglichen, schreibt § 146 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) vor, dass Bücher und sonstige erforderliche Aufzeichnungen im Geltungsbereich (Achtung, hiermit ist Deutschland gemeint) der AO, nicht aber notwendigerweise am Sitz des Unternehmens zu fuhren und aufzubewahren sind.
Als Onlinehändler kann Dir die zuständige Finanzbehörde auf schriftlichen Antrag bewilligen, dass elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen oder Teile davon außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes geführt und aufbewahrt werden können.
Die Voraussetzungen, elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen oder Teile davon im Ausland zu führen und aufzubewahren, wurden in den vergangenen Jahren erheblich vereinfacht.
Inzwischen ist es nicht nur möglich, die Buchführung in andere EU-Staaten und Länder des Europäischen Wirtschaftsraums zu transferieren: Grundsätzlich kannst Du elektronische Bücher weltweit, also auch in Staaten wie die USA oder die Schweiz, verlagern. Unternehmen dürfen laut § 146 Abs. 2a AO auch einzelne Teile der elektronischen Buchführung ins Ausland delegieren. Darüber hinaus ist es – im Gegensatz zu früher – nicht mehr notwendig, dass eine zuständige Stelle des ausländischen Staats der Verlagerung zustimmt.
Entscheidend ist allerdings nach wie vor der Grundsatz, dass durch das Führen und Aufbewahren der elektronischen Bücher und Aufzeichnungen oder Teilen davon im Ausland die Besteuerung nicht beeinträchtigt ist. Hat die Finanzverwaltung Hinweise dafür, dass die Besteuerung des betroffenen Unternehmens beeinträchtigt ist, wird die Bewilligung widerrufen. Wenn das geschieht, muss das Unternehmen seine elektronische Buchführung wieder ins Inland zurückholen. (Quelle: Haufe)
Diese Information erhälst Du für Gewöhnlich bei Deinem zuständigen Anbieter, bei dem Du den Cloudservice gebucht hast.
Ausweislich der Gesetzesbegründung wird die Verlagerung der elektronischen Buchführung in das Ausland nur bei Steuerpflichtigen bewilligt, die sich in der Vergangenheit kooperativ gezeigt haben und von denen anzunehmen ist, dass sie sich auch zukünftig so verhalten werden. Letztlich kommt es jedoch nach § 146 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 2 AO „nur“ darauf an, dass der Steuerpflichtige seinen Pflichten gemäß § 90 AO (allgemeine Mitwirkungspflicht), §§ 93 und 97 AO (Auskunfts- und Vorlagepflichten), §§ 140 bis 147 AO (Ordnungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten) und § 200 Abs. 1 und Abs. 2 AO (Mitwirkungspflichten im Rahmen einer Außenprüfung) nachgekommen ist. Zweifelsohne darf die „Kooperationsklausel“ nicht so angewendet werden, dass lästige, unbequeme oder prozessfreudige Steuerpflichtige durch die Finanzverwaltung diszipliniert werden können.
(Quelle: Datev)
Ferner erfordert § 146 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 3 AO, dass der Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO (Stichwort „digitale Außenprüfung“) in vollem Umfang möglich ist. Dies betrifft die technische Seite zum einen und die rechtliche Seite zum anderen. Insbesondere muss der Datenzugriff der deutschen Finanzverwaltung nach dem Recht des ausländischen Staates gegeben sein, etwa aufgrund einer sogenannten „großen Auskunftsklausel“ im Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Verlagerungsstaat.
(Quelle: Datev)
Letztlich ist die Verlagerung der Buchführung in das Ausland davon abhängig, dass dadurch die Besteuerung nicht beeinträchtigt ist (§ 146 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 4 AO). Diese Voraussetzung erfordert, dass eine lückenlose Prüfung der Gewinnermittlung durch die deutsche Finanzverwaltung bei Auslandsbuchführung auf die gleiche Art und Weise möglich sein muss wie bei elektronischer Buchführung im Inland. Ferner muss eine ordnungsgemäße Verbuchung aller Geschäftsvorfälle gewährleistet sein.
Die Bewilligung der elektronischen Auslandsbuchführung ist durch die Finanzverwaltung zu widerrufen, sofern die oben genannten Voraussetzungen nicht mehr vorliegen oder den Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen wird. Der Vollzug der Rückverlagerung ist entsprechend nachzuweisen. Ferner kann nach § 146 Abs. 2 b AO ein Verzögerungsgeld von 2.500 Euro bis zu 250.000 Euro festgesetzt werden, sofern die Mitwirkungspflichten nicht erfüllt werden oder die Rückverlagerung der Buchführung trotz entsprechender Aufforderung nicht stattfindet. Das Verzögerungsgeld droht auch dann, wenn die elektronische Buchführung ohne Bewilligung in das Ausland transferiert wird.
(Quelle: Datev)
Solltest Du alle diese Fragen vernünftig und zufriedenstellend beantworten können, sollte einer Beantragung auf Verlagerung der Buchführung nichts im Wege stehen.
Hierfür haben wir Dir einen Musterantrag des Branchenverbands Bitkom verlinkt. Musterantrag hier downloaden!
Die obigen Ausführungen bzw. den Antrag kannst bzw. musst Du auch stellen, soweit Du die die Verlagerung der Buchführung bzw. Teile davon bereits vollzogen hast.
Erlangt die Finanzbehörde Kenntnis davon, dass der Steuerpflichtige die elektronische Buchführung oder Teile davon vor Inkrafttreten des § 146 Abs. 2a AO (25.12.2008) ins Ausland verlagert hat, ist zu prüfen, ob die Rückverlagerung verlangt werden muss. Bei der Entscheidung ist zu berücksichtigen, ob das bisher praktizierte Verfahren den Voraussetzungen des § 146 Abs. 2a AO i.d.F. des JStG 2010 genügt. Ist dies der Fall, ist die Aufforderung zur Rückverlagerung allein wegen des fehlenden Antrags unverhältnismäßig.
Der Steuerpflichtige ist dann aber spätestens im Rahmen einer Betriebsprüfung aufzufordern, einen den o.a. Anforderungen entsprechenden Antrag nach § 146 Abs. 2a AO zu stellen, so dass eine Bewilligung der Verlagerung für die Zukunft ausgesprochen werden kann.
Vor allem in den Fällen, in denen der Steuerpflichtige bereits in der Vergangenheit – ohne vorherige Antragstellung und ohne Wissen des für ihn zuständigen FA – seine elektronische Buchhaltung in das Ausland beziehungsweise in die Cloud verlagert hat, sollte man daran denken, dass die Finanzverwaltung eine „Legalisierung” einer solchen Konstellation zwar zulässt und von der Aufforderung zur Rückverlagerung als „unverhältnismäßig” absehen kann.
Jedoch setzt dies voraus, dass in der Vergangenheit lediglich kein formeller Antrag gestellt wurde, die materiellen Bewilligungsvoraussetzungen hingegen gleichwohl vorliegen.
Insofern ist die Vorschrift des § 146 Abs. 2b AO zu beachten, wonach bei Unterlassen der Antragstellung ein Verzögerungsgeld festgesetzt werden kann. Das Verzögerungsgeld entfällt auch dann nicht, wenn die angeforderte Dokumentation bzw. die angeforderten Informationen nachträglich vorgelegt werden. Das steuerpflichtige Unternehmen sollte daher auch unter diesem Aspekt darauf achten, sich die GoBD-Konformität der durch den Anbieter von Cloud-Dienstleistungen verwendeten bzw. zur Verfügung gestellten IT-Infrastruktur zusichern zu lassen.
(BB 2015, S. 1823, beck-online)
Bitte beachte, dass die vorstehenden Informationen nur dem Zweck der allgemeinen Information dienen, ausschließlich die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung darstellen und eine Steuer- und/oder Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen können. Der Artikel kann ohne Ankündigung verändert und fortgeschrieben werden.