Steuern im E‑Commerce – dein Leitfaden für 2025

Steuern im E-Commerce – Leitfaden für Onlinehändler 2025

Der Onlinehandel wächst rasant – und mit ihm die steuerlichen Anforderungen. Dieser Leitfaden erklärt, welche Steuerarten im E-Commerce relevant sind, welche Pflichten für Händlerinnen und Händler bestehen und wie du rechtssicher bleibst.

1. Einführung

Wer über das Internet Waren oder Dienstleistungen anbietet, betreibt in aller Regel ein Gewerbe im Sinne der §§ 14 GewO, 15 EStG. Damit entstehen steuerliche Pflichten gegenüber dem Finanzamt, unabhängig davon, ob der Vertrieb über einen eigenen Onlineshop, Marktplätze wie Amazon oder eBay oder über Plattformlösungen wie Shopify erfolgt.

Nach der Gewerbeanmeldung musst du dich steuerlich erfassen lassen. Dies erfolgt über den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung, den du elektronisch beim Finanzamt einreichst. Danach erhältst du deine Steuernummer – Grundlage für Rechnungsstellung und Steueranmeldungen.

2. Steuerarten im E-Commerce

2.1 Einkommensteuer

Einzelunternehmer und Mitunternehmer von Personengesellschaften unterliegen mit ihren Gewinnen der Einkommensteuer nach dem Einkommensteuergesetz (EStG). Besteuerungsgrundlage ist der steuerpflichtige Gewinn. Der steuerpflichtige Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen (§ 4 Abs. 1 EStG). Dies nennt man dann "Bilanz". Bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ist es etwas einfacher. Hier ist der steuerpflichtige Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen den Einnahmen minus der Ausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG).

Der Einkommensteuertarif ist progressiv. 2025 gilt ein Grundfreibetrag von 12.096 Euro (§ 32a EStG). Ab diesem Betrag steigt der Steuersatz von 14 % an und erreicht den Spitzensteuersatz von 42 % ab rund 68.500 Euro zu versteuerndem Einkommen. Ab 277.826 Euro gilt die sogenannte Reichensteuer mit 45 %. Falls Du mit Deinem Ehepartner die Zusammenveranlagung gewählt hast (Splittingtarif): Die genannten Schwellen verdoppeln sich entsprechend (§ 32a EStG).

2.2 Körperschaftsteuer

Kapitalgesellschaften, insbesondere GmbH und UG (haftungsbeschränkt), unterliegen der Körperschaftsteuer nach dem Körperschaftsteuergesetz (KStG). Der Steuersatz beträgt 15 % zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag auf die festgesetzte Steuer. Grundlage ist der Jahresgewinn laut Steuerbilanz.

2.3 Gewerbesteuer

Die Gewerbesteuer ist eine Realsteuer (§ 2 GewStG). Sie wird auf den Gewerbeertrag erhoben, der im Regelfall dem Gewinn aus Gewerbebetrieb entspricht. Einzelunternehmer und Personengesellschaften profitieren von einem Freibetrag von 24.500 Euro (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG). Kapitalgesellschaften haben in der Regel keinen Freibetrag.

Der Steuersatz hängt vom Hebesatz der jeweiligen Gemeinde ab (in NRW meist zwischen 400 % und 480 %). Die gezahlte Gewerbesteuer kann bei Einzelunternehmern teilweise auf die Einkommensteuer angerechnet werden (§ 35 EStG). Das heißt, dass Du per Saldo als Einzelunternehmen nicht so sehr von der Gewerbesteuer betroffen bist. 

2.4 Umsatzsteuer

Die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) betrifft nahezu alle Lieferungen und Leistungen eines Unternehmers (§ 1 UStG). Grundsätzlich beträgt der Regelsteuersatz 19 %, der ermäßigte Satz 7 %. Bei Verkäufen an Endkunden in Deutschland ist die Umsatzsteuer auf Rechnungen auszuweisen und im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung an das Finanzamt abzuführen.

Vorsteuerbeträge aus Eingangsrechnungen können abgezogen werden, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt (§ 15 UStG). Digitale Dienstleistungen an Privatpersonen im EU-Ausland unterliegen den besonderen Ortsvorschriften (§ 3a UStG).

2.5 Kleinunternehmerregelung (Stand: 01.01.2025)

Nach § 19 UStG können Unternehmerinnen und Unternehmer, deren Umsätze bestimmte Grenzen nicht überschreiten, die Kleinunternehmerregelung anwenden.

Voraussetzungen

  • Umsatz im Vorjahr: nicht mehr als 25.000 € netto

  • Umsatz im laufenden Jahr: voraussichtlich nicht mehr als 100.000 € netto

Der maßgebliche Umsatz ist der Gesamtumsatz nach vereinnahmten Entgelten (netto).

Hinweis für Gründer:
Im Gründungsjahr erfolgt keine Hochrechnung des erwarteten Jahresumsatzes mehr. Maßgeblich ist der tatsächlich erzielte Umsatz.

Folgen der Anwendung

  • Keine Umsatzsteuer auf Rechnungen:
    Es darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden.

  • Keine Umsatzsteuervoranmeldungen:
    Die Pflicht zur Abgabe entfällt.

  • Kein Vorsteuerabzug:
    Eingekaufte Leistungen dürfen nicht als Vorsteuer geltend gemacht werden.

  • Pflichtangabe auf Rechnungen:
    Jede Rechnung muss einen Hinweis enthalten, z. B.:

    „Gemäß § 19 UStG wird keine Umsatzsteuer berechnet.“

Wichtige Hinweise

  • Wird im laufenden Jahr die Grenze von 100.000 € überschritten,
    gilt ab dem Umsatz, durch den die Grenze überschritten wird, die Regelbesteuerung.
    Bis dahin bleiben die Umsätze steuerfrei.

  • Die Umsätze gelten ab 2025 als steuerbefreit, nicht nur als „nicht erhoben“.
    Das hat Bedeutung bei fehlerhaftem Steuerausweis (§ 14c UStG).

  • Seit dem 1. 1. 2025 gibt es zusätzlich den § 19a UStG:
    Dieser erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen, die deutsche Kleinunternehmerregelung auch für Umsätze in anderen EU-Mitgliedstaaten zu nutzen (bzw. umgekehrt).

Aber Achtung:
Die Kleinunternehmerregelung ist eine Befreiung von der Steuerpflicht, nicht von der Unternehmereigenschaft. Sie bleibt daher z. B. bei Aufzeichnungspflichten, Rechnungsstellung oder Buchführungspflichten grundsätzlich umsatzsteuerlich relevant. Ein Wechsel zur Regelbesteuerung kann sich lohnen, wenn hohe Vorsteuerbeträge anfallen.

 

3. Grenzüberschreitender Handel und OSS

Seit dem 1. Juli 2021 gilt in der EU eine einheitliche Umsatzschwelle von 10.000 Euro netto pro Jahr für innergemeinschaftliche Fernverkäufe an Privatkunden (§ 3c UStG). Wird diese Grenze überschritten, gilt das Bestimmungslandprinzip – die Umsatzsteuer muss im Land des Käufers abgeführt werden.

Über das One-Stop-Shop-Verfahren (OSS) können diese Umsätze zentral über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) gemeldet und bezahlt werden. Damit entfällt die Notwendigkeit, sich in jedem EU-Land einzeln steuerlich zu registrieren.

4. Verkäufe über Online-Marktplätze

Verkäufe über Plattformen wie Amazon, eBay oder Etsy unterliegen denselben steuerlichen Grundsätzen wie der eigene Shop. Wichtig ist eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (§ 27a UStG), da Marktplatzbetreiber verpflichtet sind, diese zu prüfen (§ 22f UStG).

Wird die Umsatzsteuer-ID nicht vorgelegt, kann der Marktplatz den Verkauf sperren oder selbst für die Umsatzsteuer haften. Bei Amazon-FBA-Lagerung im EU-Ausland (z. B. Polen oder Tschechien) entsteht dort regelmäßig eine umsatzsteuerliche Registrierungspflicht.

5. Betriebsausgaben und Abschreibungen

Betriebsausgaben sind alle Aufwendungen, die betrieblich veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Dazu gehören insbesondere:

  • Shop-, ERP- oder Buchhaltungssoftware
  • Werbung, Produktfotografie und Agenturleistungen
  • Verpackungs- und Versandkosten
  • Beratungskosten (z. B. Steuerberatung, Rechtsberatung)
  • Büromaterial, Technik und Arbeitsmittel

Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten über 952 Euro brutto (800 Euro netto) müssen über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden (§ 6 EStG). Geringwertige Wirtschaftsgüter können im Jahr der Anschaffung sofort abgesetzt werden.

6. Häufige Fehler im Onlinehandel

  • Umsatzsteuer auf Versandkosten nicht korrekt ausgewiesen
  • Grenzüberschreitende Verkäufe ohne OSS-Meldung
  • Fehlende oder unvollständige Rechnungsangaben (§ 14 UStG)
  • Privat und gewerblich genutzte Konten nicht getrennt
  • Keine Aufzeichnungspflichten nach GoBD erfüllt

7. Steuerstrafrecht im E-Commerce

Im digitalen Handel sind steuerliche Unregelmäßigkeiten besonders sichtbar, da Zahlungsanbieter, Plattformen und Finanzbehörden Daten elektronisch abgleichen. Wer unrichtige Angaben macht oder Steuern nicht erklärt, riskiert Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung (§ 370 AO).

In vielen Fällen ist eine Selbstanzeige (§ 371 AO) möglich, sofern sie rechtzeitig, vollständig und bevor eine Entdeckung erfolgt, abgegeben wird. Eine frühzeitige steuerliche Begleitung ist hier entscheidend.

Weitere Informationen findest du in unserer Steuerstrafrecht-Beratung im E-Commerce.

8. Fazit und Beratung

Der Onlinehandel bietet Chancen. Aber auch steuerliche Fallstricke. Wer Prozesse von Anfang an sauber strukturiert, erspart sich spätere Korrekturen und Risiken. Wir unterstützen dich mit klaren Abläufen, digitaler Buchführung und laufender Steuerberatung – bundesweit und in NRW (Wuppertal, Düsseldorf, Solingen).

9. FAQ

Welche Steuern betreffen Onlinehändler?

In Deutschland sind dies regelmäßig Einkommen- oder Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer. Je nach Umsatzstruktur kann das OSS-Verfahren hinzukommen.

Wann gilt die Kleinunternehmerregelung?

Wenn der Umsatz im Vorjahr 22.000 Euro und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht überschreitet (§ 19 UStG).

Wann greift das OSS-Verfahren?

Bei grenzüberschreitenden B2C-Lieferungen in EU-Mitgliedstaaten, wenn die Umsatzschwelle von 10.000 Euro netto pro Jahr überschritten wird (§ 3c UStG).

Wie kann man Steuerfehler vermeiden?

Durch ordnungsgemäße Buchführung nach GoBD, klare Trennung privater und gewerblicher Umsätze, regelmäßige Steuererklärungen und Nutzung steuerlicher Beratung.