Wer als Onlinehändler Amazon FBA nutzt, kennt die Herausforderungen der monatlichen „Amazon Umsatzsteuer-Transaktionsberichte“. Ein dauerhafter Komplexitäts-Treiber war dabei das sogenannte „Commingling“ (Bestandsvermischung). Unsere aktuellen Kanzlei-Auswertungen zeigen jedoch eine signifikante Anomalie: Seit Oktober 2025 sind die spezifischen Commingling-Transaktionen fast vollständig aus den Berichten verschwunden, obwohl Amazon weiterhin auf „stickerless“ (Hersteller-Barcodes) setzt. Was das logisch für Ihre Buchhaltung bedeutet, analysieren wir in Abschnitt 2 „Die neue Datenlage: Virtual Tracking statt Vermischung?“ und die konkreten steuerlichen Folgen in Abschnitt 3 „Konsequenzen für die Umsatzsteuer-Compliance“.
Um die Tragweite der Änderung zu verstehen, müssen wir das bisherige Verfahren kurz betrachten. Beim „Stickerless Commingling“ nutzten Händler den EAN/UPC-Code des Herstellers anstelle eines Amazon-Labels (FNSKU). Das erlaubte Amazon, gleiche Ware verschiedener Händler physisch in einem Lagerfach zu vermischen.
Dies führte zu zwei massiven Problemen:
COMMINGLING_BUY und COMMINGLING_SELL auf.Diese Buchungen blähten die Berichte künstlich auf und bargen stets das Risiko, Steuerpflichten in Ländern auszulösen, in denen man diese B2B-Transaktionen nicht korrekt gemeldet hatte.
Unsere Analyse zahlreicher Mandanten-Berichte zeigt seit Oktober 2025 einen abrupten Rückgang dieser internen Verrechnungs-Transaktionen. Da Amazon das „stickerless“ Verfahren (Nutzung von EAN statt FNSKU) jedoch nicht abschafft, sondern fördert, lässt dies nur einen logischen Schluss zu:
Amazon hat die physische Vermischung durch ein „Virtual Tracking“ ersetzt.
Technisch bedeutet das höchstwahrscheinlich:
Die logische Konsequenz: Wenn kein Eigentum getauscht wird, entfallen die steuerlichen Buchungen für den Tausch.
Sollte sich dieser Trend als dauerhafte Systemumstellung bestätigen, ergeben sich direkte Vorteile für die Finanzbuchhaltung und die Umsatzsteuervoranmeldungen.
Ohne die Commingling-Operationen entfallen die komplexen „Buy/Sell“-Buchungen im Hintergrund, die keinen echten Umsatz mit Endkunden darstellen. Die Transaktionsberichte werden „sauberer“, da sie sich wieder auf das Kerngeschäft (Verkauf an Endkunden B2C und echte B2B-Verkäufe) konzentrieren.
In der Vergangenheit führten Commingling-Transaktionen oft dazu, dass Ware buchhalterisch an Orten auftauchte, an denen der Händler sie nicht vermutete. Ohne diese Tauschprozesse haben Sie wieder eine direktere Kontrolle darüber, wo Ihre Bestände liegen und von wo aus versendet wird. Das Risiko unerwarteter Steuerpflichten durch interne Bestandsverschiebungen Dritter sinkt.
Neben der Steuer ist dies auch eine relevante Nachricht für Ihr Risikomanagement. Wenn Amazon durch virtuelles Tracking sicherstellt, dass Ihre Ware auch wirklich Ihren Kunden erreicht, sind Sie wieder voll verantwortlich für die Qualität (vgl. Handlungsbedarf in Abschnitt 5).
Das Argument „Der Kunde hat bestimmt das Fake-Produkt eines Konkurrenten erhalten, weil Amazon vermischt hat“ verliert damit an Substanz. Eine saubere Qualitätskontrolle beim Wareneingang vor dem Versand an Amazon wird somit wichtiger denn je.
Verlassen Sie sich nicht blind auf die Automatisierung. Wir empfehlen folgende Schritte:
COMMINGLING-Codes? Wenn ja, handelt es sich eventuell um Restbestände (Altfälle).Der Wegfall der Commingling-Buchungen bei gleichzeitiger Beibehaltung der Hersteller-Barcodes ist eine logistische Evolution hin zu mehr Transparenz. Für die Buchhaltung bedeutet dies potenziell weniger „Datenmüll“ und eine klarere Zuordnung von Umsätzen.
Dennoch gilt: Ein sauberes Monitoring der Transaktionslisten bleibt Pflicht. Sollten Sie Unsicherheiten bei der Interpretation der neuen Berichtsstruktur haben oder Unstimmigkeiten in den VAT-Reports feststellen, sprechen Sie uns an. Wir prüfen dann im Detail, ob es sich um echte Verkäufe oder Systemkorrekturen handelt.